#31 „Orden on air“ mit Sr. Beatrix Mayrhofer und P. Stephan Dähler

#31 „Orden on air“ mit Sr. Beatrix Mayrhofer und P. Stephan Dähler

„Es ist wichtiger, dem Ruf zu folgen, als ein Werk zu halten“

In Folge #31 von „Orden on air“ sind Sr. Beatrix Mayrhofer und P. Stephan Dähler zu Gast und sprechen über die Übergabe von Ordenseinrichtungen bzw. Werken. Wie ist das, wenn die eigene Ordensgemeinschaft die Einrichtung selbst nicht mehr betreiben kann, weil vielleicht die Kräfte fehlen? Welche Schmerzen, aber auch Erleichterungen sind damit verbunden? Wie läuft so ein Entscheidungsprozess in der eigenen Ordensgemeinschaft ab?

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Die Schulschwestern von Unserer Lieben Frau, denen Sr. Beatrix Mayrhofer angehört, haben ihre Bildungseinrichtungen im Jahr 2022 an das Institut Österreichischer Orden (IÖO) bzw. an die Vereinigung von Ordensschulen Österreichs (VOSÖ) übergeben. Die Steyler Missionare rund um P. Stephan Dähler haben ihre Schule, das Missionsgymnasium St. Rupert in Salzburg, bereits 2018 an das IÖO und die VOSÖ übergeben. Beide erinnern sich, dass die Entscheidung der Übergabe mit vielen Emotionen verbunden war: Sorge, wie es weiter geht, herausfordernde Entscheidungen, die getroffen werden mussten, aber auch viel Freude und Dankbarkeit, als alles unter Dach und Fach war und darüber, dass die übergebenen Ordensschulen in eine gute Zukunft geführt werden konnten.

Die Schulschwestern von Unserer Lieben Frau haben ihre Bildungseinrichtungen im Jahr 2022 an das Institut Österreichischer Orden (IÖO) bzw. an die Vereinigung von Ordensschulen Österreichs (VOSÖ) übergeben. (c) VOSÖ

Eine Zukunft für Ordensschulen

Sr. Beatrix Mayrhofer berichtet, dass die ersten Überlegungen zu einer Übergabe in ihrer Ordensgemeinschaft bereits vor rund 50 Jahren angestellt wurden. Zuerst waren es notwendige strukturelle Überlegungen, wie zum Beispiel, dass sie zwei Rechnungskreise – einen für die Schwestern, einen für die Schule – brauchten oder eine Mitschwester – sie wurde liebevoll Werksleiterin genannt –, die sich vorrangig um alle Angelegenheiten rund um die Werke, sprich die Schulen, kümmerte. Spannend wurde es in dem Moment, als die Werksleiterin aus Altersgründen diese Aufgabe nicht mehr weiterführen konnte und auch keine Nachfolgerin in Sicht war. „Dann war die große Frage, was haben wir denn für Möglichkeiten?“, erzählt Sr. Beatrix Mayrhofer, und erinnert sich, dass jemand meinte, der Standort würde sich auch perfekt als Parkgarage eignen. Zum Glück kam es anders. Nach Abwägen der verschiedenen Möglichkeiten, habe sich der Gedanke, die Bildungseinrichtungen an die VOSÖ und an das IÖO zu übergeben, immer stärker herausgebildet. Das IÖO als aktiver Eigentümer der Liegenschaften, und die VOSÖ als Schulverein, der die Bildungseinrichtungen weiterführt.

Mut, in neuen Strukturen zu denken

Bei den Steyler Missionaren war es ähnlich und doch anders. P. Stephan Dähler berichtet: „Unsere jungen Mitbrüder kommen vor allem aus dem globalen Süden und ein Einsatz in den Schulen war daher nicht realistisch – sie hätten ein ganzes Studium nachholen müssen. Und die Mitbrüder, die in St. Rupert tätig waren, sind immer älter geworden.“ Das oberste Ziel, erzählt er, war es, dass das Missionsgymnasium St. Rupert weitergeführt wird. Da ging der Blick sehr schnell zur VOSÖ und zum IÖO als mögliche Partner. Einerseits sollte die Schule weitergeführt werden, andererseits wollten die Steyler Missionare weiterhin in der Region präsent sein. So kam es, dass die Mitbrüder die Pfarrarbeit in Bischofshofen und Umgebung übernahmen.„Es hat Mut gebraucht, in neuen Strukturen und neuen Kooperationen zu denken. Der Mut hat sich ausgezahlt“, erzählt P. Stephan Dähler.

Die Steyler Missionare haben ihre Schule, das Missionsgymnasium St. Rupert in Salzburg, 2018 an das IÖO und die VOSÖ übergeben. (c) VOSÖ

Voller Vertrauen die Sache in andere Hände legen

Sowohl Sr. Beatrix Mayrhofer als auch P. Stephan Dähler raten allen Ordensleuten, die vor einer ähnlichen Entscheidung stehen, früh genug mit den Überlegungen zu beginnen und in Kontakt mit möglichen Kooperationspartnern zu treten, solange man noch handlungsfähig ist und auch Zeit hat. „So kann man dann gemeinsam einen Weg finden, der zum Wohl aller Beteiligten ist“, erzählt der Steyler Missionar. „Es ist wichtiger, dem Ruf zu folgen, als ein Werk zu halten“, ist Sr. Beatrix Mayrhofer überzeugt. Sie appelliert an alle Ordensleute, sich nicht vor dem Gedanken zu fürchten und dem Prozess, der auch sehr emotional sein kann, genügend Zeit zu geben. Bei ihr kam jedenfalls der Moment, in dem sie wusste: „Jawohl, wir übergeben ganz. Wir werden voller Vertrauen die Sache in andere Hände legen und uns darauf verlassen, dass es gut weitergeführt wird“, und sie ergänzt: „Und auch davon überzeugt sein, dass unsere Gründerinnen und Gründer uns in dem Prozess nicht alleine lassen. Sie haben uns ja gerufen im Auftrag Gottes, das kann den Damen und Herren oben im Himmel ja nicht wurscht sein.“

Beide Ordensleute zeigen sich im Podcast dankbar, dass vor mehr als 30 Jahren weitschauende Ordensleute erkannt haben, dass sich ein großer Wandel abzeichnet und rechtzeitig Alternativen geschaffen haben. So ist die Idee der VOSÖ und des IÖO entstanden. Bisweilen ist dieses Konzept in Europa, wahrscheinlich sogar weltweit, einzigartig.

Der liebe Gott hat Humor

Eine sehr persönliche Anekdote begleitet Sr. Beatrix Mayrhofer: Am 22. August 1968 sei sie als junge Lehrerin nach Wien gekommen. Und genau 54 Jahre später, am 22. August 2022, habe sie den Übergabevertrag unterschrieben. „Es war eine sehr persönliche Erfahrung, dass es an dem Tag meines Ankommens eine Unterschrift geben wird, die auch eine Unterschrift sein wird für einen Abschied“, erzählt die Ordensfrau und fügt mit einem Schmunzeln hinzu: „Von außen drauf schauend denke ich, der liebe Gott hat Humor.“

Am 22. August 2022 unterzeichnete Sr. Beatrix Mayrhofer den Übergabevertrag an das IÖO und an die VOSÖ - auf den Tag genau 54 Jahre nachdem sie als junge Lehrerin nach Wien gekommen ist. (c) ÖOK/emw

Lebendiges Charisma an Ordensschulen ohne Ordensleute

Eine große Herausforderung sehen die beiden in der Frage: „Haben wir unsere Mitwirkenden genug vorbereitet? Haben wir ihnen das nötige Rüstzeug mitgegeben?“ Und hier gehe es nicht nur darum, die Werke zu erhalten, sondern sie auch weiterzuentwickeln und in die Zukunft zu führen. Wie entwickelt sich Charisma in Ordensschulen, in denen keine Ordensleute mehr wirken? Wie gelingt die Übergabe an die nächste und übernächste Generation? Sr. Beatrix Mayrhofer berichtet von einem Schulbesuch in Kyoto in einer Schule ihrer Ordensgemeinschaft, in der der Katholikenanteil bei 0,01 Prozent liegt und keine Schwestern vor Ort sind. „Aber die Schüler:innen gehen alle bei der Tür hinein, ziehen die Schuhe aus und beginnen den Schultag, indem sie sich voller Ehrfurcht vor der Statue der Mutter Theresia Gerhardinger verbeugen.“ Eine Schule der Schulschwestern, nicht nur ohne Ordensleute, sondern ohne Katholiken. Und trotzdem bleibt das Charisma lebendig.

P. Stephan Dähler berichtet Ähnliches: „Wir haben immer gedacht, solange dort Steyler sind, ist das eine Steyler Schule. Jetzt sind wir herausgefordert zu schauen, wie können wir das Charisma intensiver, aktueller und noch besser vertiefen.“ Die Ordensbrüder haben neue Wege gefunden: Sie wirken intensiv in der Schulseelsorge mit oder veranstalten die Steyle Woche, wo Steyler Missionare mit den Schüler:innen eine ganze Woche gestalten.

Sr. Beatrix Mayrhofer ist aufgefallen, „dass die Frage nach der Gründerin nie so präsent war, wie jetzt.“ Die Lehrenden an den Ordensschulen fragen jetzt, was würde Mutter Theresia tun? „Früher waren wir da, da haben sie uns gefragt. Also ich denke, das Charisma beginnt neu zu wirken. Der Sauerteig treibt weiter“, blickt Sr. Beatrix hoffnungsvoll in die Zukunft.

Die Stelye Woche in St. Rupert: Steyler Patres und Steyler Schwestern gestalteten für die Schüler:innen ein abwechslungsreiches Programm. (c) SVD

Institut Österreichischer Orden

Das Institut Österreichischer Orden ist eine Einrichtung von Orden für Orden. Das Institut ist ein Kooperationsmodell der Ordensgemeinschaften, das ein ordensübergreifendes Zusammenwirken zum Erhalt von Ordenswerten ermöglicht. Ziel ist die nachhaltige Verwaltung von Liegenschaften, Unternehmensanteilen, Kulturgütern und sonstigem beweglichen Vermögen, um Werke der Ordensgemeinschaften zu unterstützen und Initiativen zu ermöglichen. Mit der Übergabe von Vermögenswerten durch Männer- und Frauenorden an das Institut bleibt Ordensvermögen auch Ordensvermögen. Das Institut ist nicht auf Gewinn ausgerichtet, sondern verfolgt gemeinnützige Zwecke.

"Orden on air" - der Podcast der Ordensgemeinschaften Österreich

Das Medienbüro hat im März 2022 mit dem Podcast „Orden on air“ einen neuen Medienkanal der Ordensgemeinschaften Österreich ins Leben gerufen. Und der Name ist Programm: Der Podcast der Ordensgemeinschaften Österreich holt Ordensfrauen und -männer vor den Vorhang und – im wahrsten Sinne des Wortes – vor das Mikrofon. Ziel ist es, interessante Persönlichkeiten und besondere Talente vorzustellen sowie das Engagement von Ordensleuten in den vielfältigen Bereichen des Lebens zu zeigen. Der Podcast der Ordensgemeinschaften Österreich ist auf allen größeren Audioplattformen zu finden.

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